In "Russendisko" hat Wladimir Kaminer in Episodenform von seinem Leben in Berlin erzählt; "Militärmusik" erzählt die Vorgeschichte, seine Kindheit und Jugend im kommunistischen Moskau. Und diesmal hat er einen Roman daraus gemacht - was, soviel sei vorweggenommen, seinem Erzähltalent viel stärker entspricht. Ein Geschichtenerzähler war er schon in seiner Kindheit. Mit lebhafter Phantasie ausgestattet, gelang es ihm lange, seine Rolle als "Politinformator" ad absurdum zu führen; mit Nachrichten aus alten Zeitungen, die er je nach Belieben ausschmückt. Erst als in seinen Erfindungen Simbabwe Russland den Krieg erklärt, fliegt der Schwindel auf. "Ich erzählte und erzählte. Der eine war begeistert, den anderen machten meine Geschichten wütend, immerhin - alle hörten aufmerksam zu. Ich wurde zum größten Spinner der Schule. Gleichzeitig entwickelte ich eine Besonderheit: die absolute Unfähigkeit, etwas Solides zu lernen. Alle Informationen, die ich mitbekam, drehte ich unwillkürlich um und machte daraus immer neue Geschichten." Auf die Frage nach seinen Zukunftsplänen antwortet er stets "Schauspieler" - in der ruhigen Sicherheit, dass es dazu ohnehin nicht kommen würde. Denn eigentlich will er gar nichts weiter werden, statt dessen immer weiter herumlungern und das Leben genießen. Aber: da ist sie plötzlich, die Möglichkeit, sich zum Toningenieur ausbilden zu lassen. Diese Entscheidung bringt ihn an einige der verrücktesten Theater in Moskau - und Kaminer weiß herrliche Geschichten und Anekdoten zu erzählen, wie zu viel Alkohol während der Vorstellung mit dem Zwangsbesuch von Aerobic-Stunden verbüßt werden musste, wie die Proben bei dem Stück verlaufen, das der Politfunktionär unbedingt gespielt haben will, weil es aus seiner Feder stammt - man sitzt einfach nur da, lacht und genießt. Denn Kaminer hat es wirklich: dieses unglaubliche Erzähltalent, mit dem er jeden dazu bringt, zumindest zuzuhören. Und er hat eine ausgezeichnete Beobachtungsgabe. Ich habe mich königlich amüsiert, dabei aber auch wieder ein klein wenig mehr über ein Leben in Russland jenseits der Klischees vom kommunistischen, unwirtlichen Russland erfahren - sehr empfehlenswert! Wydawnictwo Goldmann.Str.222.Stan książki bardzo dobry.